Großregion SaarLorLux
Website Thomas Abel

Der keltische Tumulus bei Nennig

Südwestlich von Nennig, etwas außerhalb des Ortes, erhebt sich ein Grabhügel (Tumulus oder Mahlknopf, mundartlich »Mohknapp«).

Dabei ist das Wort »Mahlknopf« lange Zeit als Übersetzung des moselfränkischen Wortes »Mohknapp« benutzt worden. 

Dabei handelt es sich jedoch um eine Fehlübersetzung, die bei der Eindeutschung der Flurbezeichnungen, wohl  Mitte des 19. Jahrhunderts geschehen ist. Richtigerweise bedeutet »Mohknapp« → Bauchnabel von »Moh« → »Bauch« und »Knapp« → Knopf) .

1819 wurde der Grabhügel geöffnet, wobei man eine gläserne Urne, Gefäße aus Ton und ein Schwert gefunden haben soll. Diese Funde würden wohl auf eine Nutzung, nicht jedoch die Errichtung des Grabhügels in der Römerzeit hindeuten.

Ausgrabungen, zuletzt in den Jahren 1986-87, erbrachten am Hügelfuß eine mannshohe Ringmauer von 44,5 m Durchmesser und den Nachweis, dass das Grabmal von einem 94 x 100 m messenden Mauergeviert umgeben war.

Abb.: © Chron-Paul, CC-by-sa 3.0/de

Nach Abschluss der Grabungen wurde der Hügel wieder aufgeschüttet und ein Teil der Ringmauer rekonstruiert. Ein zweiter Hügel, welcher  nördlich des Mahlknopfs lag, ist heute völlig eingeebnet.

Allerlei Sagen und Überlieferungen berichten von unterirdischen Gängen einerseits zum Gelände der Römischen Villa von Nennig (mit dem Mosaikfußboden), andererseits bis nach Besch, dem Nachbarort von Nennig. Dort soll vor Jahren beim Ausbau der Bundesstraße und damit verbundenen Kanalbauarbeiten Teile einer unterirdischen, etwa mannshohen Ganges zum Tumulus freigelegt worden sein.

Um über die Geschichte des Tumulus eines vorwegzunehmen: Der Tumulus ist nicht römischen Ursprunges, er ist wesentlich älter.

Zwar wurde die Grabstätte auch von den Römern genutzt, jedoch bestand der Grabhügel da schon bis zu 1.000 Jahren, denn seine Entstehung dürfte in die Bronzezeit (ca. 2.200 - 800 v. Chr.) zurück reichen.

           

Geschichte

Ein Hügelgrab oder ein Grabhügel (latein. tumulus, Plural tumuli) ist eine gestreckte, runde oder ovale Erdaufschüttung, unter der bzw. in der sich Grablegen befinden. 

Die Beerdigung des Leichnams unter Grabhügeln war die typische Bestattungssitte der Kelten bis in das 5. Jahrhundert vor Christus. Nach Vorbereitung der Erdoberfläche wurde der Leichnam in einem Holzsarg darauf niedergelegt. Zum Schutz wurde der Sarg mit Steinen bedeckt. Darüber wurde ein Erdhügel errichtet. Manche Hügel sind als heiliger Bezirk mittels eines Steinkranzes oder Gräbchens am Hügelfuß, von ihrer profanen Umwelt abgegrenzt.

Die Mittlere Bronzezeit wird auch zu Recht als Hügelgräber-Bronzezeit bezeichnet. In den Bestattungssitten sind nämlich Hügelgräber am häufigsten festzustellen. Sie erreichten teilweise einen monumentalen Durchmesser von 10 bis zu 30 Metern, sodass sie mühelos auch aus weiter Entfernung sichtbar waren.  

Derartig monumentale Grabbauten spiegeln nicht nur eine gesteigerte Totenverehrung wider, sondern sind auch ein Beweis für die zunehmende Hierarchiesierung und Stratifizierung der damaligen Gesellschaften.

Nicht jedes Mitglied einer Gruppe erhielt ein solch überdimensionales Hügelgrab nach seinem Tod. Es wird sich bei den Bestatteten um hochrangige elitäre Personen mit großem Einfluss auf die Gemeinschaft gehandelt haben - könnte man meinen.  

Die Beigaben und Trachten der Toten sind ausgesprochen reich und allein die Aufschüttung eines solchen Hügels bedarf einiger starker Männer. Zudem wird für einen besonders großen Grabhügel neben der Arbeitskraft auch viel Zeit benötigt.

Eben wegen dieser Totenausstattung und der Größe der Hügel wird oft von »Fürstengräbern« gesprochen. Generell wird auch nach dem Tod nach dem sozialem Stand, dem Beruf und letztlich nach dem Geschlecht sortiert. 

Natürlich wurden auch »einfache« Personen, Männer wie Frauen in Hügelgräbern bestattet. Allerdings erhielten sie keine übergroßen Hügelaufschüttungen wie andere, wohlhabende und einflussreichere Mitglieder einer Gruppe. Ihre Hügel waren »nur wenige« Meter hoch und ihre Grabinventare weniger umfangreich. 

Diener und Sklaven folgten ihren Herren oftmals in das Grab. Sie wurden getötet und meist verbrannt dem Leichnam ihres Herren mit ins Grab gegeben.

Im 5./4. Jahrhundert vor Chr. wechselt die Grabsitte von den Grabhügeln hin zum Flachgrab. Nunmehr wird der Sarg mit dem Leichnam lediglich in einer Grabgrube niedergelegt. Der oberirdische Erdhügel ist außer Mode gekommen.

Man geht davon aus, dass es sich hier um Indutiomarus' Grab handeln könnte, der in unserer Region gelebt haben soll. Möglich ist auch, dass bei dem Tumulus in Nennig eine Beisetzung in einem bereits bestehenden Grab erfolgt ist. Dies würde auch die Zeitspanne Bronzezeit bis zum Tod von Indutiomarus († 53 v. Chr.) erklären, welche locker einige Jahrhunderte, ja evtl. auch mehr als ein Jahrtausend betragen kann.

               

Cingetorix und Indutiomarus

Bei den Trevern stritten sich zwei Fürsten um die Vormachtstellung. Cingetorix war Rom-freundlich und versicherte Caesar seiner Treue, sein Schwiegersohn Indutiomarus zog hingegen Fußtruppen und Reiterei zusammen und rüstete zum Krieg.

Der größere Teil des treverischen Adels neigte aber der Position des Cingetorix, dem Schwiegervater zu, so dass auch Indutiomarus vorläufig einlenkte.

Vercingetorix, © Helmut Pfau, CC BY-SA 3.0

Anfang 54 v. Chr. marschierte Caesar im Verlauf des Gallischen Kriegs mit vier Legionen (etwa 15.000 Mann) und 800 Reitern in das Stammesgebiet der Treverer ein. 

Vor seinem zweiten Britannienfeldzug war ihm aber deren Haltung zu unsicher erschienen. Cingetorix stellte sich sofort auf die Seite des großen römischen Feldherrn und erzählte ihm auch von den Vorgängen bei seinem Stamm, während sein Gegenspieler Indutiomarus sich Rom-feindlich zeigte.

Caesar löste den Führungskonflikt bei den Treverern zunächst friedlich in seinem Sinn, übertrug Cingetorix die Vorherrschaft und schwächte die Stellung von dessen Rivalen.

Caesar begnügte sich wegen seiner Pläne für die zweite Überfahrt nach Britannien mit der Stellung von 200 Geiseln durch Indutiomarus, unter ihnen sein Sohn und alle seine Verwandten, die Caesar namentlich bekannt waren.

Darüber hinaus stärkte Caesar die Stellung des Indutiomarus-Gegners Cingetorix, was Indutiomarus als schwere Kränkung auffasste.

Unsere Kenntnisse über ihn beruhen auf »De bello Gallico« von Gaius Julius Caesar und auf der »Römischen Geschichte« von Cassius Dio.

Ende 54 v. Chr. wiegelte Indutiomarus die Könige der den Treverern benachbarten Eburonen, Ambiorix und Catuvolcus, zum Aufstand auf.

Nach der Vernichtung von fünfzehn Kohorten bei Atuatuca durch Ambiorix schlossen sich die Treverer unter Indutiomarus und zahlreiche andere Stämme dem Aufstand an und belagerten das Winterlager des Legaten Titus Labienus, während die Eburonen und einige andere Stämme das Winterlager des Legaten Quintus Tullius Cicero angriffen.

Gleichzeitig schickte Indutiomarus den ganzen Winter 54/53 v. Chr. hindurch Gesandtschaften zu den rechtsrheinischen Germanen, um sie durch Versprechungen zur Teilnahme an dem Aufstand zu bewegen.

Nach Caesars Sieg über die Eburonen beim Winterlager Ciceros brach Indutiomarus die Belagerung ab und kehrte mit seinen Truppen in das Gebiet der Treverer zurück.

Das Ansehen des Indutiomarus wurde »in ganz Gallien« so groß, dass er von überall her Gesandtschaften erhielt und auch großen Zulauf an Bewaffneten hatte. Zu diesem Zeitpunkt ordnete Indutiomarus einen »bewaffneten Landtag« an, was nach gallischer Sitte die Eröffnung eines Krieges bedeutete. Er erklärte den romfreundlichen Cingetorix zum Feind des Stammes und zog seine Güter ein.

Anschließend nahm Indutiomarus die Belagerung des befestigten Lagers von Labienus wieder auf. Täglich zeigte sich Indutiomarus vor den römischen Verschanzungen und begegnete den Römern mit einer täglich wachsenden Verachtung.

Labienus aber ließ die Reiterei der Nachbarstämme, die er auf einen bestimmten Tag aufgeboten hatte, einen Ausfall machen. Die Reiterei hatte den Befehl, des Indutiomarus habhaft zu werden, was auch gelang. Er wurde an einer Furt niedergeschlagen und sein Kopf wurde in das Lager des Labienus gebracht. Nach diesem Ereignis bekam Caesar etwas mehr Ruhe in Gallien.

Titus Lambienus, Foto: I, Sailko, CC BY-SA 3.0

Die Verwandten des Indutiomarus setzten den Aufstand zwar fort, wurden aber von Labienus vernichtend geschlagen. Die Treverer unterwarfen sich, und dem Schwiegersohn des Indutiomarus, Cingetorix, wurde wieder die oberste Leitung in Krieg und Frieden übertragen.

Es gibt Vermutungen, dass der keltische Ringwall von Nonnweiler-Otzenhausen (im nördlichen Saarland) von der Adelssippe des Indutiomarus bewohnt wurde, weil die Anlage offenbar − »im Gegensatz zur Beobachtung bei anderen Oppida« − kurz nach der Niederlage des Indutiomarus aufgegeben wurde.

Indutiomarus wiegelte im Winter 54/53 v. Chr. seinen Stamm und Nachbarvölker zum Aufstand gegen die Römer auf und ließ Cingetorix zum Landesfeind erklären sowie dessen Güter einziehen.

Cingetorix entwich in das Lager von Caesars Heerführer Titus Labienus. Nachdem dieser die Treverer zweimal geschlagen hatte, wobei Indutiomarus ums Leben gekommen war († 53 v. Chr.), unterwarf sich das Volk den Römern, und Cingetorix erhielt aufgrund seiner Treue gegenüber Caesar 53 v. Chr. wieder die Vorherrschaft. Danach wird Cingetorix in den Quellen nicht mehr erwähnt.

Möglich ist die Bestattung des  Indutiomarus in dem Tumulus sehr wohl, zumal auch Münzen mit seiner Prägung in der Region (z.B. in Sinz) gefunden wurden. Dies deutet darauf hin, dass hier ein »Fürstentum« war, welches das Münzrecht hatte.

Offen bleibt aber die Frage nach dem Alter des Tumulus. Sicher ist lediglich, dass es kein Grabhügel aus römischer Zeit ist.

Möglich ist, dass die Römer den vorhandenen Grabhügel als Ruhestätte für ihre Toten nutzten. Jedoch könnte es sich bereits damals um ein über 1.000 Jahre altes Relikt gehandelt haben. Dieses könnten erst die Treverer weitergenutzt haben und dann ab ca. 53 v. Chr., also lange vor der »Römerzeit« in unserer Region, ihren Fürsten Indutiomarus bestattet haben.